Wirrwarr

© Jan Klolpfleisch, Alexandra Schlund, Maja Rohwetter

Wirrwarr
Jan Klopfleisch, Maja Rohwetter, Alexandra Schlund

Eröffnung: 10.10.2025, 19 Uhr
Ausstellung: 11.10.–15.11.2025

 

English:

Wirrwarr
Jan Klopfleisch, Maja Rohwetter, Alexandra Schlund

Opening: 10.10.2025, 7 pm
Exhibition: 11.10.–15.11.2025

(English version below)

Die Ausstellung zeigt drei künstlerische Positionen, die Chaos nicht als Störung, sondern als kreatives Prinzip begreifen und die sich dem Unvorhersehbaren und Prozesshaften widmen. Jan Klopfleisch experimentiert mit einem selbstgebauten Harmonographen, dessen Pendelbewegungen mal geordnete, mal chaotische Figuren zeichnen und sich zu komplexen Strukturen verdichten. Alexandra Schlund unterläuft in ihrem Wandbild jede gewohnte Raumordnung – Oben und Unten lösen sich auf, ein fluides Raumgefühl entsteht. Maja Rohwetter schließlich erweitert Malerei ins Digitale: In ihrer Augmented-Reality-Arbeit reagieren virtuelle Fragmente auf die Bewegungen der Besucher:innen und verschmelzen mit Klang und Umgebung zu einer ständig neu entstehenden Collage. 
So unterschiedlich die Medien und Verfahren auch sind – von der mechanischen Zeichnung über Collage und Wandbild bis zur digitalen Erweiterung – so sehr kreisen die künstlerischen Ansätze um ein gemeinsames Anliegen: das Sichtbarmachen dynamischer Prozesse, die unsere Wahrnehmung von Raum, Bild und Realität ständig in Bewegung halten.
Der Titel Wirrwarr verweist dabei nicht auf bloße Unordnung, sondern auf das produktive Ineinandergreifen von Formen, Bewegungen und Wahrnehmungen, das in den Arbeiten erfahrbar wird.

Jan Klopfleisch beschäftigt sich mit optischen Phänomenen und dynamischen Sehprozessen. Seine Arbeiten sind charakterisiert durch einfache Grundstrukturen, Offenheit und Veränderbarkeit. Er erkundet grundlegende bildnerische  Möglichkeiten jenseits von Abstraktion und Abbildung. 
Die in der Ausstellung gezeigten Zeichnungen entstanden mit einem von Jan Klopfleisch selbstgebauten Harmonographen, einer im 19.Jhd wieder entdeckten und beliebten mechanischen pseudo-wissenschaftlichen Zeichenmaschine, die die Schwingungen mehrerer Pendel in lineare Bewegungen und Zeichnungen komplexer Figuren transformiert. Je nachdem, wie die Pendel zueinander schwingen, entstehen chaotische oder geordnete Figuren, die Frequenzen und Schwingungen, also Töne und Tonverhältnisse in extremer Verlangsamung zeichnend abbilden. Jan Klopfleisch fasziniert besonders die Figur der Spirale, die harmonischste Figur. Durch vielfache Überlagerungen der Zeichnungen erzeugt er komplexe, dynamische und verdichtete Strukturen und Räume. Der Prozess des Zeichnens besteht aus mechanischem Ablauf und intuitivem Eingriff. 

Maja Rohwetters „Contingencies“ ist eine Augmented Reality Arbeit, in der virtuelle Malereifragmente mit dem Benutzer und der tatsächlichen physischen Umgebung interagieren.
Die Formen greifen Bildelemente aus Maja Rohwetters Malereien und Collagen auf. Grundsätzliche malerische Fragestellungen wie das Verhältnis von Geste und Illusion, Raum und Fläche, Bild und Bewegung werden durch die animierten Bildelemente aufgeworfen, die auf die Annäherung des Betrachters und seine Bewegung im realen Raum reagieren. Jedes Bildelement wurde zudem in Sound übersetzt, so dass bei der Benutzung der AR eine visuelle und auditive Collage entsteht, in der sich reale und digitale Realität überlagern.
Die Arbeit „Contingencies“ wird zugänglich durch die von Maja Rohwetter mit Artvisity und der Aurora School for ARtists der htw entwickelte App „appARition“. Sie kann kostenfrei im appstore heruntergeladen werden und  wird auf den Endgeräten der Besucher oder auf einem zur Verfügung gestellten iPad Teil der Ausstellung.
Die AR-Experience erscheint nach dem Scannen eines realen Bildes in der Ausstellung, das Bezugspunkt für die Verortung der Objekte im Raum und ihre Größe ist und als „Portal“ den Zutritt eröffnet.

Alexandra Schlund entwickelt Bildwelten, die keiner perspektivisch-logischen Raumdarstellung folgen, sondern das gewohnte Verhältnis zwischen Betrachterin und Umgebung hinterfragen. In ihrer Arbeit beschäftigt sich die Künstlerin mit architektonischen Räumen, die entgrenzt scheinen und ein flüchtiges Raumgefühl vermitteln. Durch irrational gebrochene Perspektiven, den Einsatz multipler Fluchtpunkte und sich kreuzender Diagonalen werden herkömmliche Ordnungsprinzipien außer Kraft gesetzt, sodass ein fluides Raumgefühl entsteht. Dieses bringt Alexandra Schlund mittels der Collagetechnik in neue Raum- und Bedeutungskontexte, die je nach Blickwinkel eine veränderliche Lesart ermöglichen. Ihr Anliegen gilt reduzierten, fließenden Raumkonstruktionen, die das Wechselverhältnis von Fläche, Räumlichkeit und Grenzenlosigkeit thematisieren. Dabei greift die Künstlerin auf urbane Architekturformen zurück, aus denen sie eine technoid-abstrakte Formensprache ableitet und daraus neue Räume erfindet.
Für die Ausstellung bei SCOTTY entwickelt sie ein raumbezogenes Wandbild aus Papier und Klebebändern.

English version:

The exhibition presents three artistic positions that understand chaos not as a disturbance, but as a creative principle, engaging with the unpredictable and the processual.
Jan Klopfleisch experiments with a self-built harmonograph whose pendulum movements generate figures that are at times orderly, at times chaotic, condensing into complex structures.
In her wall painting, Alexandra Schlund subverts every familiar sense of spatial order – above and below dissolve, and a fluid spatial perception emerges.
Maja Rohwetter extends painting into the digital: in her augmented reality work, virtual fragments respond to visitors’ movements, merging with sound and surroundings into a constantly re-forming collage.
As different as the media and methods may be – from mechanical drawing to collage and wall painting, and on to digital extension – the artistic approaches revolve around a shared concern: making visible dynamic processes that keep our perception of space, image, and reality in constant motion.
The title Wirrwarr (tangle, entanglement) does not refer to mere disorder, but to the productive interweaving of forms, movements, and perceptions that becomes tangible in the works.

Jan Klopfleisch engages with optical phenomena and dynamic processes of perception. His works are characterized by simple basic structures, openness, and transformability. He explores fundamental pictorial possibilities beyond abstraction and representation.
The drawings shown in the exhibition were created with a harmonograph built by Jan Klopfleisch himself — a mechanical, pseudo-scientific drawing machine that was rediscovered and became popular in the 19th century. It transforms the oscillations of several pendulums into linear movements and drawings of complex figures. Depending on how the pendulums swing in relation to one another, chaotic or ordered figures emerge, visually rendering frequencies and oscillations — that is, sounds and tonal relationships — in extreme slow motion. Klopfleisch is particularly fascinated by the figure of the spiral, the most harmonious form. Through multiple superimpositions of the drawings, he generates complex, dynamic, and condensed structures and spaces. The process of drawing consists of both mechanical procedure and intuitive intervention.

Maja Rohwetter’s “Contingencies” is an augmented reality work in which virtual fragments of painting interact with the user and with the actual physical environment.
The forms reference pictorial elements from Rohwetter’s paintings and collages. Fundamental painterly questions — such as the relationship between gesture and illusion, space and surface, image and movement — are addressed through animated pictorial elements that respond to the viewer’s approach and to their movements in real space. Each visual element has also been translated into sound, so that in using the AR application a visual and auditory collage emerges, in which real and digital realities overlap.
The work Contingencies is made accessible through the app appARition, developed by Maja Rohwetter in collaboration with Artvisity and the Aurora School for ARtists at HTW. The app can be downloaded free of charge from the App Store and becomes part of the exhibition either on visitors’ own devices or on an iPad provided on site. The AR experience appears after scanning a real image in the exhibition, which serves as the reference point for positioning the objects in space and determining their size, and which opens access as a kind of “portal.”

Alexandra Schlund creates pictorial worlds that do not follow a perspectivally logical spatial representation but instead question the familiar relationship between viewer and environment. In her work, the artist engages with architectural spaces that seem boundless and convey a fleeting sense of space. By means of irrationally fractured perspectives, the use of multiple vanishing points, and intersecting diagonals, conventional principles of order are suspended, producing a fluid spatial sensation. Schlund transfers this into new spatial and semantic contexts through collage techniques, enabling variable readings depending on the viewer’s perspective. Her focus lies on reduced, flowing spatial constructions that address the interplay between surface, spatiality, and boundlessness. To this end, she draws on forms of urban architecture, from which she derives a technoid-abstract formal language and invents new spaces.
For the exhibition at SCOTTY, she is developing a site-specific wall work made of paper and adhesive tape.