SCHAUM
Dagegen bin ich machtlos
SCHAUM
Eröffnung: 17. Januar 2025, 19 Uhr
Ausstellung: 18.01. – 22.02.2025
English:
That’s Beyond My Control
SCHAUM
Opening: 2025, January 17th, 7 pm
Exhibition: 18.01. – 22.02.2025
(English version below)
„Dagegen bin ich machtlos“, kokettiert larmoyant Vicomte de Valmont in Gefährliche Liebschaften von Choderlos de Laclos – dem ersten Briefroman der Literaturgeschichte, quasi dem Vorläufer heutiger Social-Media-Plattformen – und gibt sich als Opfer, nachdem er intrigant und böswillig Mord, Tod und Verrat über seine Mitmenschen gebracht hat.
SCHAUM liebt das Spiel mit den Sehgewohnheiten. Die Arbeiten der Künstlergruppe zitieren die Kunstgeschichte: Sie bedienen sich ästhetischer und kompositorischer Versatzstücke, die dem Betrachter in ihrer Poesie diffus bekannt vorkommen, und ihn oft dadurch erst auf den zweiten Blick erkennen lassen, dass es hier um ganz aktuelle gesellschaftliche Themen geht.
Dieses „Dagegen bin ich machtlos“ hinterfragt SCHAUM gesellschaftskritisch in den Arbeiten der Ausstellung und stellt Unverrückbares infrage. Verantwortungsloses Handeln aus trüben Vorzeiten – vermeintlich längst überwunden – wird hier in die Gegenwart katapultiert und widerspiegelt die Tendenz der „Kultur der Verantwortungslosigkeit“ (C. Wright Mills).
Der Neoliberalismus hat eine neue Kategorie menschlichen Tuns hervorgebracht – nämlich Taten ohne Täter. Dabei ist nicht die Tat und Verantwortungslosigkeit des Einzelnen gemeint, sondern die der politischen und ökonomischen Entscheidungsträger. Deren Entscheidungen würden dabei nur Sachzwängen des (freien) Marktes und vermeintlichen Naturgesetzlichkeiten folgen, wie Rainer Mausfeld präzisiert.
Wir opfern alles! Unsere Gesellschaft, unsere Zukunft, ja sogar unsere Kinder, um diesen aktuellen freien Markt am Leben zu erhalten, wie uns SCHAUM in ihrer Videoperformance Last Supper wortlos zeigt.
Wir leben in einer Zeit, in der wir denken, die Resultate der bereits in Gang gesetzten Prozesse nicht selber steuern zu können. Geben wir die Zukunft auf, wie Douglas Rushkoff vermutet?
SCHAUM fragt uns: Können wir akzeptieren, was wir sehen? Und sind wir wirklich machtlos?
‘That is beyond my control,’ coquettishly states Vicomte de Valmont in Dangerous Liaisons by Choderlos de Laclos – the first epistolary novel in literary history, which can be read as a forerunner of today’s social media platforms – and presents himself as a victim after schemingly and maliciously bringing murder, death and betrayal upon his fellow human beings.
SCHAUM plays with viewing and depiction habits. The artist group’s works quote art history: they make use of aesthetics and compositions that in their poetry seem diffusely familiar to the viewer, often only allowing him to recognise at second glance that they are dealing with very topical social issues.
SCHAUM scrutinises this ‘that’s beyond my control’ in a socio-critical way through the exhibited works and questions the immovable. Irresponsible behaviour from the dim past – supposedly long gone – is catapulted into the present and reflects the trend towards a ‘culture of irresponsibility’ (C. Wright Mills).
Neoliberalism has created a new category of human behaviour – namely deeds without perpetrators. This does not refer to the action and irresponsibility of the individual, but to that of political and economic decision-makers. Their decisions would only follow the constraints of the (free) market and supposed natural laws, as Rainer Mausfeld explains.
We sacrifice everything! Our society, our future, even our children, in order to keep this current free market alive, as SCHAUM wordlessly shows us in its video performance Last Supper.
We live in a time in which we believe we cannot control the results of the processes that have already been set in motion. Are we giving up on the future, as Douglas Rushkoff surmises?
SCHAUM asks us: Can we accept what we see? And are we really powerless?